Interview
Autor: Maik Brandenburg
Gordon November – „November“ das klingt nicht nach einem fröhlichen, optimistischen Interpreten. Wollen Sie uns die Stimmung verderben?
Nichts gegen den November. Für uns Künstler ist der November ein toller Monat. Es ist wieder länger dunkel. Es wird kälter und es steht eine längere emotionale Durststrecke an. Die Menschen werden schleichend depressiv – und suchen schließlich Zuflucht in unseren Konzerten. Für Künstler herrscht dann Hochkonjunktur. Wir leisten emotionale Aufbauarbeit, und wenn wir Glück haben, dann können wir danach endlich unsere letzten Monatsmieten nachzahlen.
Ein trüber Typ sind Sie also offenbar nicht. Da scheint dann auch mal die Sonne im Programm?
Wie in meinen Songs habe ich manchmal „eine Hand an den Sternen, die mich fest dort oben hält“ und manchmal „ist mein zähes Holz ausgebrannt“ weil ich „mich verlaufen habe auf dem Weg nach Nimmerland“. So geht es allen Menschen, und so gestalte ich auch meine Konzerte und meine Alben. Mein Publikum soll sich sowohl in meinen Freuden als auch meinen Ängsten wiederfinden können. Natürlich versuche ich mich auch an humorvollen Songs – aber auch die haben immer einen Touch von Ironie.
Kein Schlager, auch kein „stilechtes“ Chanson. Für welche Art Musik stehen Sie?
Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, welche Art von Musik ich mache. Bei meinen Liedern geht es um Inhalte. Mich in ein Genre einordnen – das können andere vielleicht besser. Meine musikalischen Vorbilder kommen vorwiegend aus der Popmusik. Natürlich habe ich immer schön artig meine Instrumente und Notenlesen gelernt – insgesamt über 15 Jahre lang. Aber das betrachte ich als Grundvoraussetzung, wenn man mit seiner Kunst überzeugen will.
Warum haben Sie dann BWL studiert? War die Liebe zur Musik doch nicht groß genug?
Genau das Gegenteil ist der Fall: Ich habe BWL studiert, weil ich so leidenschaftlich gerne Musiker sein wollte. Meine musikalische Ausbildung hatte ich mit Gewalt bereits in meine Schülerzeit hineingestopft. An jedem Tag in der Woche hatte ich irgendwelche Musiktermine. Entweder nach der Schule, in den Holstunden oder in der Mittagspause. Denn mir ist bereits früh aufgefallen, dass von den großen Musikstars in Deutschland so gut wie keiner Musik studiert hat.
Sie sind offenbar so musikalisch wie geschäftstüchtig …
Muss man heutzutage ja auch sein. Die Plattenfirmen sind alle finanziell abgebrannt – genauso wie die Konzertstätten. Newcomern eine Chance zu geben bedeutet für die meisten ein nicht tragbares Risiko. Wer sich dann nicht selbst helfen kann, der bleibt auf der Strecke. Meine erste 1.000er-Halle habe ich selbst gemietet und voll gemacht – auch wenn diese Aktion beinahe mein finanzieller Ruin war. Aber am Ende habe ich damit sogar noch ein paar Euro verdient.
Manche Kritiker vergleichen Sie bereits mit Udo Jürgens. Meinen Sie, Sie könnten diese Lücke ausfüllen?
Noch bin ich nicht größenwahnsinnig. Die Lücke ausfüllen, nein, das kann keiner. Ich reiße lieber eine neue: meine eigene. Udo Jürgens kam übrigens einmal zu mir ans Klavier und sagte, wie toll er meine Musik findet. Gerade mein Gesang – das würde man gar nicht erwarten, wenn man mich so ansieht. Nur beim Klavierspiel hätte ich ein paar Mal daneben gelangt. Udo Jürgens wusste offensichtlich nicht, dass kurz vor meinem Auftritt jemand einen massiven Kerzenständer ins Klavier geschmissen hatte und fast ein Drittel aller Tasten nicht funktionierte. Ich musste um diese Tasten herumspielen. Dass er am Ende dachte, das Klavier wäre in Ordnung, fühlte sich für mich an, als hätte ich gerade einen „Grammy“ gekriegt.